Bei unseren Freunden – zweiter Teil

Die milde Meeresbrise, die hier durchs Internetcafe zieht, vertreibt zum Glueck auch den bitteren Geschmack des letzten Stromausfalls und damit des Verlusts des schon geschriebenen Artikels…Na denn, auf ein Neues!

Nach aufregenden Wochen in Indien klingt nun unser Aufenthalt im kleinen Strandort Mamallapuram in der Naehe von Chennai langsam aus. Hier erholen wir uns von 30-stuendigen Zugfahrten, Brechdurchfall und harten Naechten auf irdenen Tatsachen, umschwirrt von Bataillonen von Moskitos.

Vor knapp zwei Wochen machten wir uns von Pune (Maharashtra) auf den langen Weg nach Tamil Nadu – unserer „alten Heimat“. Nach einem kurzen Ankommen am Tamil Nadu Theological Seminary (TTS) in Madurai, wo wir und viele andere Vereinsmitglieder vor 4 Jahren studiert haben, fuhren wir weiter zu unserem Pastorenfreund Durai und seiner Familie…

Durai lernten wir am TTS als Masterstudent kennen, als er gerade seine Abschlussarbeit zum Umgang der Kirche mit behinderten Menschen schrieb; da auch er – wie so viele in Indien – ein durch Polio beeintraechtigtes Familienmitglied hat, ein persoenliches Anliegen von ihm.

Durai mit seinem Sohn Giftson

Durai mit seinem Sohn Giftson

Als wir ihn dieses Mal besuchten, mussten wir lange Busstrecken ueber einige Rumpelpisten in Kauf nehmen, da er von seinem Bischof ins „hinterletzte“ Dorf versetzt wurde, obwohl er mit seinem Masterabschluss hoeher qualifiziert ist als die meisten Pfarrer_innen, die nur einen Bachelorabschluss haben. Sehr wahrscheinlich ist das der Tatsache geschuldet, dass 90% seiner Diozoese aus einer hoeherkastigen Gruppe besteht und er als Dalit daher schlechte Karten fuer einen gleichberechtigten Umgang hat.

Aber fuer den dauergutgelaunten Durai kein Grund zum langen Truebsalblasen. Viel mehr stuertzt er sich froehlich in seine 4 Gottesdienste am Tag (!) – am Sonntag sind es dann auch mal 7 in einigen seiner 20 unterschiedlichen Dorfkirchen -, verwaltet 2 Grundschulen und ein Maedchenwaisenhaus und hat zudem auch noch in seinem Heimatort 2 Bildungseinrichtungen fuer benachteiligte Kinder gegruendet (s. anderer Artikel). Ein richtiger Tausendsasser!

So schoen und beeindruckend die Zeit mit ihm auch war, war ich dann nach 2 Tagen Brechdurchfall und Kirchenlautsprechern, die jeden Morgen um 4.30 Uhr froehlich die umliegenden 10km mit Kirchenliedern beplaerrten, ganz zufrieden, weiterzufahren zu unserem Freund Raja…

Raja – ein kleiner Zeitgenosse, auf den der Spruch passt: „size zero, action hero“. Raja kommt aus sehr aermlichen Dalitverhaeltnissen. Seit einem Arbeitsunfall ist sein Vater arbeitsunfaehig und so musste seit vielen Jahren seine Mutter als Feldarbeiterin das karge Familienbrot erwerben. So war es fuer Raja und seine Familie ein Segen, dass sein Bischof Raja in das katholische Priesterseminar aufnahm und er damit versorgt war. So lernten wir Raja am TTS als katholischen Priesteranwaerter kennen.

Als wir ihn nun wiedersahen, hatten sich die Ereignisse ueberschlagen. Seine Mutter konnte nach einigen schweren Operationen die harte Feldarbeit nicht mehr verrichten und so war es nun an Raja, sofort fuer die Familie sorgen zu muessen. Also sprachen seine Eltern mit dem Bischof und innerhalb einer Woche verliess Raja das Priesterseminar, eine Stelle als Lehrer wurde gefunden, genauso wie eine Braut. Als wir Raja nun 10 Monate spaeter wiedersahen, begruessten uns Raja, seine Eltern, seine Frau Leela und der kleine Darshan, 7 Monate alt und putzmunter. So schnell kann`s gehen?!?

Matthias, die stolze Großmutter, Leela und Raja mit dem kleinen Darshan

Matthias, die stolze Großmutter, Leela und Raja mit dem kleinen Darshan

Der stolze Papa

Vor vier Jahren besuchten wir zusammen mit Raja ein katholisches Waisenhaus, fuer das er sorgte und entschlossen uns damals, die Foerderung fuer 2 Jungen und 2 Maedchen zu uebernehmen, so dass sie bis zur 12. Klasse die Schule besuchen und einen guten Abschluss erwerben koennten. Raja berichtete uns, dass sie bisher alle Pruefungen gut gemeistert haben und gerade ihre letzten Tests absolvieren. Leider konnten wir sie daher auch nicht persoenlich besuchen, aber ueber Raja unsere besten Wuensche uebermitteln. Als Ausgleich konnten wir Rajas derzeitige Schule besuchen und dort mit den Schueler_innen spielen, sprechen und singen.

Neben der großen Wiedersehensfreude mit Raja war es schön, persönlich zu erfahren, dass mit dem bevorstehenden Schulabschluss der 4 von uns unterstützten Kids die erste unserer Zusammenarbeiten sozusagen kurz vor ihrem positiven Abschluss steht. Wir hoffen natürlich, dass die Jungs und Maedchen damit eine gute Ausgangssituation für ihren weiteren Lebensweg haben.

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